Haushaltsrede von Achim Peltzer für die SPD-Fraktion

Hier ist die Haushaltsrede von Achim Peltzer, Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion, zum aktuellen Haushaltsentwurf für das Jahr 2021. Es gilt das gesprochene Wort:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates!

Zunächst darf ich kurz auf die Ausführungen des Vorsitzenden der CDU-Fraktion eingehen. Wir haben ja heute zum wiederholten Male gehört, wie gut die absolute Mehrheit der CDU in den vergangenen Jahren für die Gemeinde war. Als habe es eine politische Mitwirkung der übrigen Fraktionen in diesen Jahren nicht gegeben. Ich darf Ihnen versichern, dass die Fraktionen des Bündnisses mit dem Anspruch antreten, dass die Bürgerinnen und Bürger auch in 5 Jahren urteilen werden, dass die Gemeinde eine positive Entwicklung genommen hat. Dazu werden auch Entwicklungsschritte gehören, die Sie als CDU in den vergangenen Jahren blockiert haben.
Ich bin überzeugt, dass die geänderten Mehrheitsverhältnisse der Arbeit von Rat und Ausschüssen und damit der Gemeinde gut tun werden.

Das Haushaltsjahr 2020 werden wir trotz Corona – Pandemie u.a. wegen einer unerwartet guten Gewerbesteuerentwicklung (und wegen eines Tricks, nämlich der Verschiebung von Corona – Lasten auf zukünftige Haushaltsjahre) entgegen ursprünglicher Annahmen sehr positiv abschließen. Allerdings ist davon auszugehen, dass uns die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und der Lockdowns mit einiger Verzögerung treffen werden. In welchem Umfang unser Haushalt in den nächsten Jahren dadurch zusätzlich belastet wird, ist ungewiss. Die Verwaltung geht nach den vorliegenden Orientierungsdaten von deutlichen Rückgriffen in die Ausgleichsrücklage in den Jahren 2021 bis 2024 aus, auch aufgrund erwarteter geringerer Einkommensteueranteile und Gewerbesteuern.

Allerdings zeichnet den Wirtschaftsstandort Senden eine in weiten Teilen robuste mittelständische Wirtschaft aus, unsere Handwerksbetriebe hatten auch in Corona – Zeiten gut zu tun, ebenso der Lebensmitteleinzelhandel. Hinzu kommt, dass wir in den kommenden Jahren eine Reihe neuer Gewerbeansiedlungen verzeichnen können, darunter durchaus nennenswerte Gewerbesteuerzahler.
Um die finanziellen Auswirkungen der Pandemie auf die Handlungsfähigkeit der Gemeinde gering zu halten, darf aus Sicht der SPD – Fraktion auch die tatsächliche Inanspruchnahme von Krediten zum Null- oder Negativzins kein Tabu sein. Vielmehr sollte die Gemeinde hiervon – jedenfalls für investive Ausgaben – Gebrauch machen.

Vor dem Hintergrund der ungewissen Haushaltslage hat sich die Verwaltung zu den von den Fraktionen eingebrachten Anträgen zum Haushalt 2021 durchaus kritisch verhalten. Neben den reinen – den Haushalt belastenden Ausgabepositionen – spielte daneben auch die Belastung der Verwaltung durch immer neue Projekte eine Rolle. In der Summe aller Anträge sind wir allerdings der Auffassung, dass die monetäre Haushaltsbelastung nicht das Hauptproblem darstellt. Die im Rahmen der Haushaltsberatungen beschlossenen zusätzlichen Ausgabepositionen überfordern die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde nicht.

Soweit das nicht bereits als bekannt vorausgesetzt werden durfte, ist aber im Rahmen der Beratungen durchaus noch einmal deutlich geworden, dass die Vielzahl der anstehenden Projekte nach einer Priorisierung verlangt. Das ist auch dem Umstand geschuldet, dass die Gemeinde mit teilweise sehr kurzfristigen Projekten, basierend auf Fördermaßnahmen von Bund und Land, konfrontiert wird. Der Wille, sich ergebende Fördermöglichkeiten zu nutzen führt aber unter Umständen dazu, dass andere Projekte nach hinten geschoben werden müssen, da die personellen Ressourcen nicht für alles reichen.

Dieses System verlangt nach einer stärkeren politischen Priorisierung der einzelnen Maßnahmen. Dabei kann aus unserer Sicht allein die Tatsache der Förderung einer Maßnahme nicht zwangsläufig auch zur deren höchsten Priorität führen. Vielmehr müssen wir Projekte auf ihre Bedeutung und letztlich den Gewinn und Nutzen für die Entwicklung der Gemeinde hin bewertet werden. Maßstab muss sein, dass der politische Gestaltungswille vor Ort nicht ins Hintertreffen gerät, weil mit vorhandenem Personal faktisch nur noch Förderprogramme abgearbeitet werden können.

Und schließlich sage ich an dieser Stelle auch ganz deutlich: Dort, wo unabwendbar, muss die Funktionsfähigkeit der Verwaltung auch durch zusätzliches Personal und gute Arbeitsbedingungen unterstützt und erhalten werden. Darum ist es unabwendbar, dass wir uns weiterhin Gedanken um die zukünftige bauliche Ausgestaltung des Rathauses machen.

Ob sich Arbeiten im Home Office, dass in Pandemie – Zeiten einen Aufschwung erfahren hat, langfristig in gleicher Größenordnung durchsetzt, ist ungewiss. Auch aktuell wird berichtet, dass längst nicht alle Möglichkeiten zum Home – Office ausgeschöpft werden und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin ins Büro kommen. Welche Entscheidung die Beschäftigten treffen würden, stellte man sie vor die Wahl, Home-Office zu machen und dann aber keinen eigenen Schreibtisch mehr zu haben oder bei eher weniger Home – Office den eigenen Arbeitsplatz im Rathaus zu behalten zu können, ist durchaus offen.

Deshalb bitten wir unseren bereits vorliegenden Antrag zur Konzeptentwicklung „Rathaus“ zügig weiter zu verfolgen.

Für die SPD waren bei den diesjährigen Haushaltsberatungen neben anderen Themen insbesondere die Weiterentwicklung des ÖPNV – Angebots sowie die Stärkung der gemeindlichen Sozialarbeit wichtig.

Zum ÖPNV:
Unser Ziel ist es, dass alle Sendener Ortsteile mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut und kostenfrei erreichbar sind.
Ein attraktiver Ortsverkehr fördert nicht nur das Zusammengehörigkeitsgefühl der Ortsteile. Er erleichtert auch Einkäufe vor Ort und kann ein Baustein sein, um im Zusammenspiel mit weiteren Maßnahmen den Individualverkehr innerhalb des Gemeindegebiets zugunsten anderer Verkehrsmittel zu reduzieren und so insbesondere Sendens Ortszentrum zu entlasten.
Zudem wollen wir auf diese Weise eine bessere Anbindung des Ortsteils Ottmarsbocholt an die Linie X90 nach Münster/Lüdinghausen erreichen. Insofern korrespondiert unser Antrag mit dem Vorschlag einer Taxibusverbindung zum Bahnhof Davensberg.

Die überragende Annahme des Bürgerbus – Angebots zeigt einen entsprechenden Bedarf in der Bevölkerung. Dieser beruht nicht zuletzt auf den niedrigen – seitens der Gemeinde bereits subventionierten – Beförderungstarifen (u.a. mit Anerkennung bereits abonnierter Zeitkarten). Der Preis einer Fahrkarte wirkt sich danach ganz offensichtlich wesentlich auf die Akzeptanz des Angebots aus und darum treten wir für ein entsprechendes kostenloses Angebot ein.

Zur Schaffung einer weiteren Stelle in der gemeindlichen Sozialarbeit:
Wir begrüßen die gemeinsam beschlossene Schaffung einer weiteren Stelle für die gemeindliche Sozialarbeit und die hierzu seitens der Verwaltung erarbeitete Konzeption und hoffen, dass die seit 2015 ehrenamtlich tätige Flüchtlingshilfe Senden einerseits hierdurch eine Entlastung erfährt, wir andererseits auch tatsächlich nicht nur eine quantitative, sondern auch qualitative Verbesserung der gemeindlichen Sozialarbeit erreichen.

Abschließend natürlich ein paar Worte zu dem vom Bündnis initiierten Verkehrsversuch zur Einrichtung einer Fußgängerzone. Hier geht es uns entgegen anderslautenden Behauptungen in der Tat um ein – ergebnisoffenes – Projekt. Alle Versuche, unsere guten Absichten durch Unterstellungen jeglicher Art zu diskreditieren, weise ich ausdrücklich zurück.
Der Erfolg des Verkehrsversuchs und die Beratungen über das weitere Vorgehen werden aber nicht nur am Meinungsbild der Kaufmannschaft zu messen sein. Die Qualität eines Ortskerns definiert sich nicht allein durch die Anzahl von Parkplätzen unmittelbar vor Ladenlokalen oder die Höhe des stündlichen PKW – Durchflusses in einer Straße. Aufenthalts – und damit Ortskernqualität bedeutet viel, viel mehr und meint z. B. die Möglichkeit, im innerörtlichen Zentrumsbereich spazieren zu gehen, zu bummeln, Eisdielen, Cafés und andere Restaurationsmöglichkeiten im Freien aufzusuchen, Kinder spielen zu lassen, usw. Kurzum: Gesellschaftlichen Kontakt über alle Generationen hinweg in angenehmer Atmosphäre zu pflegen.

Von diesem Zustand ist der Ortskern Sendens im Moment meilenweit entfernt. Selbstverständlich ist es wichtig, dass bestimmte zentrale Punkte gut erreichbar sind und in Einzelfällen auch mit dem PKW angefahren werden können. Gerade hier dient ein entsprechender Versuch dazu Chancen und Risiken in der Praxis zu erproben und Regelungen während des laufenden Versuchs ggfs. auch anzupassen und zu optimieren.

Die Zeit bis zum Beginn wollen wir dazu nutzen, mit Vertretern der Verwaltung, des Gewerbevereins, der Anlieger, aber auch bürgerschaftlicher Initiativen die Rahmenbedingungen zu diskutieren und uns auf ein hoffentlich gemeinsam getragenes Konzept zu verständigen.

Dem Haushaltsentwurf in der vorliegenden Fassung wird die SPD-Fraktion zustimmen.